Samstag, 27. Juni 2015

Kaisergeburtstag in Deutschland aus Sicht eines (fiktiven) Afrikaners

Mukama, du Schlanker, wärmendes Licht!

Du bist der größte der Könige. Aber auch der König der Wasungu ist stolz und mächtig. Unzählbar sind seine Krieger, blinkend ihre Waffen; groß ist ihr Mut. Sie lieben ihren König und ehren ihn, weil er edel gesinnt ist seinem Volke. Dein Knecht Lukanga kann dir Großes und Schönes berichten, wie tausend junge Männer in Kraft und Schönheit dahergehen und Waffen zu tragen wissen. Das eine aber sähe sein Auge, auch wenn es trübe wäre, und seine Sinne wüßten es, auch wenn Staub auf ihnen läge: die Wasungu ehren ihren König auf ihre Weise, die Wakintu dich auf andere Weise.

So mächtig auch der König der Wasungu ist, die niedrigen Gebräuche seines Volkes vermag er nicht zu hindern. Und wisse: Die Wakintu feiern den Tag deiner Geburt durch Fasten; die Wasungu den Geburtstag ihres Königs, indem sie viel in ihren Bauch hineintun.

Dein Volk macht sich reiner und stärker aus Freude, daß du lebst; die Wasungu dagegen versuchen, die Rohheit ihrer Sitten zu Ehren ihres Königs bis zum Äußersten zu steigern. Sie verstehen es nicht, wenn er sagt: "Enthaltet euch vom Hineingießen, das euch unfähig macht, dem Vaterlande zu dienen." Den Wakintu befiehlt es der Brauch, der ewig bestand, daß in den Tagen, die dir gehören, jeder auf seinem Berge weilen muß, solange die Sonne über dem Himmel kreist, und nur nachts darf er schweigend die eigene Hütte aufsuchen; die Wasungu kommen zum Ehrenfest ihres Königs in geschlossenen Räumen zusammen, und was sie darin tun, will ich dir schildern, weil ich es sah.

Es ist ein einziger Tag, den sie dem König opfern. Da gehen sie dann hin und treffen sich mit anderen, um Speisen und Flüssigkeiten in ihren Leib hineinzutun. Sie sitzen an diesem Tage an langen Tischen und schlucken so, wie ich es die im letzten Briefe beschrieb. Auch gießen sie viele Flüssigkeit in ihren Magen und trinken wie Menschen, welche einen weiten Weg im Sonnenbrand gegangen sind und Durst haben. Es gilt eines Mannnnes unwürdig, Flüssigkeit in einzelnen Schlucken zu nehmen und mit Speichel zu vermengen, und je mehr einer gleichmäßig und ohne zu unterprechen hinunterschluckt, desto höher steht er in der Achtung der anderen.

Was sie trinken ist Pombe, ein Rauschgetränk von verschiedener Farbe. Es ist nicht erlaubt, Saft zu trinken, der frei ist von Rauschgeist, ja es ist Pflicht eines jeden, möglichst viel Rauschgift zu trinken, und wer an diesem Tage seines Verstandes mächtig bleibt, gilt als einer, der treulos dem Könige die Achtung versagt, die ihm gebührt. So sehr mißverstehen sie ihren König, daß sie ihn, der Enthaltung vom Rauschgift fordert, durch Hineingießen ehren wollen.

Das Getränk ist so wichtig, daß an diesem Tage von nichts anderem gesprochen werden darf, als von der Art, Farbe, Menge Wärme des Getränks, von der Art, wie man es hineingießt und wie man es wieder von sich gibt. Nur einmal darf vom König gesprochen werden, da steht der dickste Mann auf, nennt den Namen des Königs, und alle rufen: "Ra! Ra! Ra!" Dabei stehen sie und halten ein Gefäß mit Pombe zwischen die beiden Brustwarzen, und wenn das letzte "Ra" gerufen ist, gießen sie den ganzen Inhalt des Gefäßes in ihre Halsöffnung, atmen tief aus und setzen sich wieder hin.

Danach sind alle ruhig, bis die Gefäße wieder vollgegossen sind, und dann sprechen sie wieder von der Art, Farbe, Menge und Wärme des Getränks, und wie man es hineingießt.

Besonders zeichnen sich dabei Männer aus, die einmal an einem Flusse gewöhnt haben, der Mosel heißt. Diese dürfen nur aus besonders geformten Gefäßen trinken und müssen, bevor sie hineingießen, das Trinkgefäß erst dreimal vor dem Munde kreisend umherbewegen. Sie dürfen dabei nicht lachen, sondern müssen sehr ernst aussehen. Sie genießen bei den Drinkern das größte Ansehen und bemühen sich durch blaue Adern auf der Nase und durch harte Adern, die wie Würmer an den Schläfen hervortreten, jedem kenntlich zu sein. ...
aus: Hans Paasche : Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland (/)
(Zur Lektüre durchaus empfohlen)

Donnerstag, 4. Juni 2015

Lesefunde Ⅲ

Freitag, 29. Mai 2015

Der Bürger-Archäologe K. Walter Haug beim Bürger-Psychiater

Da taucht doch auf der ansonsten nicht sonderlich aktiven Arch-de-Mailingliste vorgestern ein mir bisher unbekannter „Bürger-Archäologe“ namens K. Walter Haug (nicht zu verwechseln mit dem renommierten Mediävisten Walter Haug †) auf und versucht, die Abraumhalden von Steinbrüchen als Schutt von Stufenpyramiden (von ihm „Cairns“ genannt) zu verkaufen. Eine kurze Google-Recherche ergibt, daß es sich um einen arbeitslosen Deutschlehrer handelt, der sich zeitweise als Bildhauer versucht hat und seit 1990 als Crank in Sachen Cairns unterwegs ist. Auf seiner Webseite und einem Interview in einer parawissenschaftlichen Zeitschrift erfährt man etwas mehr über ihn:
Als gläubiger Theist danke ich Gott für seine Kraft, die er mir verlieh, allen Widerständen zu trotzen und unbeirrt an dem einmal als wahr Erkannten festzuhalten, für die Fähigkeit, die er mir gab, Dinge zu sehen, die anderen verborgen bleiben, für die andauernde Hilfe, die er mir gibt. Wir wissen es oftmals nicht zu schätzen, wie sehr er uns in Wirklichkeit hilft.
Natürlich stellte ich mir immer wieder die Frage, ob ein Land, das einen arbeitslosen Lehrer wie mich nur mit einem Leben unter Hartz IV abzuspeisen gedenkt, diese Entdeckung überhaupt verdient hat. Und habe aufgrund der Art und Weise, wie man mit dieser Entdeckung umgegangen ist, bis jetzt eigentlich keine positive Antwort finden können. Meinen ganzen Hirnschmalz steckte ich in die bisher fruchtlose Arbeit, unbelehrbare Wissenschaftsfachidioten von meiner Außenseitermeinung zu überzeugen, dass die kontinentale Grabgattung Cairn hier in den Mittelgebirgsregionen in die Berge hinein gebaut wurde, statt sie auf die sumpfige Talebene zu stellen, vielleicht auch weiterhin nichts als vergebliche Mühe.
und
Ein dicker Brocken waren und sind die Benzinkosten, die mir nicht als betriebliche Kosten angerechnet werden, da ich mich weigere, ein Datenschutz verletzendes Fahrtenbuch zu führen. Die Ausgrabungsstätten und andere Stätten, die man fotografisch dokumentieren will, liegen durchschnittlich mehr als zwanzig Kilometer entfernt. Wenn man die Woche durcharbeiten will, summiert sich das, vor allem, wenn man als arbeitsloser Lehrer auf die dürftige Unterstützung angewiesen ist. Bis Anfang des Jahrtausends gab es noch mehr sinnvolle und von Schülern benötigte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für arbeitslose Lehrer. Jetzt werden sie wie jeder Penner von der Straße behandelt.
 ...
Seit den menschenverachtenden „Sozial“-Reformen der rot-grünen Koalition arbeite ich als Nachhilfelehrer, was ein Leben und Forschen auf Hartz-IV-Niveau bedeutet. Es reicht hinten und vorne nicht. Der ständige Terror sadistischer Arbeitsvermittler zermürbt einen moralisch. Immer wieder wird einem der ohnehin knappe Regelsatz gekürzt, nur weil man sich die ständigen Schikanen und Willkür nicht bieten lassen will.


In der Archäologie wirken Cranks mit ihren Halluzinationen von megalithischen Hochkulturen und vorgeschichtlichen Astronautengöttern immer recht harmlos, aber die von „Impfgegnern“ verschuldete  Masernepidemie zeigt, was solche Leute anrichten können. Sie gehen in ihrem Wahn buchstäblich über Leichen. Es zeigt sich bei K. Walter Haug das sattsam bekannte Persönlichkeitsmuster aus Rigidität, Penetranz, Armut an Empathie und Selbstkritik, Selbstüberschätzung und Geltungssucht. Selbst mit der Intelligenz scheint es nicht allzu weit her zu sein, an das Kaliber eines gelehrten Cranks wie Heribert Illig reicht er bei weitem nicht heran.

Allen, die als Crank ihren Narzissmus befriedigen wollen, sei aber dies zur Warnung: Es hat in diesem Fall nicht gut geklappt. Nach 25 Jahren „Cairns-Forschung“ auf Kosten einer beruflichen Sozialisation bleibt nur der Beifall kleiner Gruppen von Spinnern, um das narzisstisch aufgeblasene Ego zu befriedigen. Tragisch? Nicht wirklich, denn es ist die Folge eigener Entscheidungen, die bei etwas mehr Bereitschaft zur Selbstreflexion auch anders hätten ausfallen können. Und vielleicht liegt darin etwas beruhigendes: die Entwicklungen auf dem Buchmarkt lassen hoffen, daß Cranks keine Bestseller wie Däniken zu seinen besten Zeiten mehr produzieren können. Illigs „Erfundenes Mittelalter“ wäre dann der letzte pseudowissenschaftliche Schund gewesen, der in der Archäologie größere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Lokal wird man es immer wieder mit Spinnern jeglicher Art zu tun haben, aber für regelrechte Bewegungen werden die Verhältnisse schwieriger.


Nachtrag : siehe jetzt K. Walter Haug: Rausschmiß bei Arch-de

Mittwoch, 27. Mai 2015

Lesefunde Ⅱ

Archäologie der Enteignung: Der Fall des palästinensischen Dorfes Susiya zeigt, wie Archäologie zum Instrument israelischer Siedlungspolitik wird.

Fotogallerie aus Pompeii: Ausgüsse verschütteter Personen.

Examensarbeit über Turmendspiele mit entferntem Freibauern aus einem Trainerlehrgang.

Montag, 25. Mai 2015

Anlaufschwierigkeiten

Es ist natürlich unhöflich, dieses Blog nicht mit einem einleitenden Beitrag zu beginnen und stattdessen einfach eine Linkliste zu veröffentlichen. Deswegen sei dies nun eilends nachgeholt.

Dieses Blog ist bewußt anonym, aber keine Sorge, es geht nicht darum, sich einen Freiraum für schlechtes Benehmen oder Rechtsverletzungen zu schaffen. Ich will einfach über Dinge nachdenken können, ohne mich persönlich zu exponieren. Ich werde sicherlich niemanden durch Anonymität von argumenta ad hominem abhalten können, aber ich will das nicht auch noch fördern. Im Übrigen ist es sehr unwahrscheinlich, daß ich jemals Zugriffszahlen erreichen werde, die Propaganda für oder gegen irgendetwas überhaupt lohnend erscheinen ließen, insofern perlen solche Vorwürfe an mir ab wie an einer Teflonpfanne. Sollten sich meine Befürchtungen bezüglich eines zu rauen Umgangstones als unbegründet erweisen, kann ich mir vorstellen, das Blog zu personalisieren. Aber erst brauche ich etwas Erfahtrung.

Um mich kurz vorzustellen: Ich bin frischgebackener Ruheständler und habe zuvor in der Denkmalpflege gearbeitet. Jetzt reitzt es mich, verschüttete Kenntnisse aus Jugendtagen (Programmieren, Schach) wieder hervorzuholen, aber natürlich weiß ich, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Lesefunde Ⅰ